Damals an der

 "Bluestfahrt" ins Seethal vom 10. Mai 1913,

trug Mann noch Hut und Stock!

Ausser den zwei Herren rechts Peter Halter mit weissem Bart und neben ihm stehend Theophil Schmidlin, seines Zeichens Direktor der Seethalbahn sind leider keine Leute bekannt.

Hinter ihnen steht der Salonwagen, der Schmidlin der Gotthardbahn abkaufte. Dieser war sehr vornehm möbiliert. Er diente auch als Verhaldlungsraum für die damaligen Fabrikdirektoren. Die Seethalbahn, damals noch als einzige Bahn, führte in ihrem Wagenpark auch Speisewagen.

Bild links aus dem Sonntagsblatt des Vaterland 1913 Nr. 10, rechtes Bild aus Eisenbahn Amateur 9/1955

 



Damaliger Beschrieb in einer Luzerner Zeitung:

"Der Aussichtswagen ist versehen mit einem grösseren, fein möbiliertem Salon, einem kleineren Rauchsalon, einem weiteren sechsplätzigem Coupe, Toilette und Galerien; er ist ausgezeichnet gefedert, mit elektrischer Heizung und Beleuchtung ausgerüstet und bietet ca. 26 Personen bequem Raum." "Er wird auf Wunsch zu äusserst bescheidenen Bedingungen zur Verfügung gestellt."

Original gibt es diesen wie auch die übrigen Wagen nicht mehr.

Jedoch die Firma G.B. modell von Christian Gohl fabriziert dieses tolle STB-Modell.

Die ehemalige smf im Tessin stellte in den Nenngrössen 0 und H0 den ganzen damaligen Zug her.

 

Plakat und Fahrplan


Theophil Schmidlin, 1859 - 1925

STB-Direktor 1889 - 1922.

 

 

Th. Schmidlin stammte aus Aesch BL. Bevor er die STB übernahm war er bei der Kriens-Luzern-Bahn in der Direktion tätig. Er hatte für das ganze Seetal nicht nur für die Bahn ausserordentlich viel geleistet. Hochdorf wurde in dieser Zeit aus einem Bauern- ein Industriedorf. Die Einwohnerzahl hat sich in dieser Zeit fast verdreifacht.

Im Verband schweizerischen Nebenbahnen, wo sein Wort viel galt, hatte er mehrmals den Vorsitz. Während 25 Jahren präsidierte er den Kohlenverband schweizerischer Transportanstalten, gegründet 1902, und führte die Verhandlungen mit den ausländischen Bergwerksgesellschaften. Dem Verband gehörten 43 Verwaltungen an praktisch alle mit Dampf fahrenden Transportanstalten.

Von grosser wirtschaftlicher und technischer Bedeutung war in den Jahren 1908 bis 1910 die Elektrifikation der STB. Zu jener Zeit erachteten noch führende Eisenbahnfachleute den elektrischen Bahnbetrieb als unzuverlässig und für Reisende höchst gefahrvoll. Aber der damals noch jungen Badener Firma Brown, Boveri & Cie. ist das Werk nach rascher Überwindung von Kinderkrankheiten glänzend gelungen.

(Auszug: F. Sch. Baden, 28.Nov. 1959, Vaterland)

 

Über diese Zeit gibt das Buch einen hervorragenden Einblick:

Wirtschaftswunder Hochdorf, 1880 - 1914

Erschienen im Comenius Verlag, Hitzkirch, ISBN 3-905286-82-3, auch im Schloss Heidegg erhältlich beim Koautor D. Ruckstuhl

 

Nebenbei: Die erste reguläre elektrische Eisenbahn in der Schweiz, E-Lok mit Personen- und Güterwagen, fuhr erstmals am 17. Mai 1891 von Sissach nach Gelterkinden! Herstellerin: Maschinenfabrik Oerlikon.

 


 

Jugenderinnerungen

aus der Gründerzeit der Seethalbahn

Von Emma Graf-Lutz, Seon

Tochter des Erbauers Ing. Theodor Lutz (1921)

 

Meine Erinnerung sieht sie noch in unserer grossen, guten Stube um den runden Tisch sitzen, mit ihren kurzen Pfeifen im Mund. Einer davon, mit schneeweissem, ganz dichtem Haar und Bart, dazu ein frisches, rosiges Gesicht, gefiel mir besonders gut, wohl auch deshalb, weil er Deutsch konnte, während die andern drei Herren sich durch steife Gesten verständlich machten. Es schien ihnen bei uns ganz gut zu gefallen; denn bekanntlich liebt der Engländer den Familienkreis. Als Vater mich anhielt, etwas Klavier zu spielen, waren sie über meine sehr bescheidene Gabe hochentzückt. Für mich war diese Vorspielerei eine Tortur, und ich atmete auf, wenn ich die Geschichte überstanden hatte. Das kleinste Schwesterchen, welches uns Mutter im Spätsommer schenkte, nannte Vater die "englische Lady". Er vergass auch nie, die Lady vorzustellen, zur grossen Heiterkeit der Anwesenden.

 

Der erste Herbst in unserer neuen Heimat zog golden durchs Land; so golden wie noch keinen sah ich diesen Herbst. Wir steckten mitten drinnen in des Segens reicher Fülle und durften diesen Segen geniessen nach Herzenslust. Ich war übermütig wie ein junges Fohlen. Mutter sah mich während dieser Zeit, ausser beim Essen, wenig. Es war mir das höchste Vergnügen, beim Einbringen der reichen Obsternte mithelfen zu dürfen. Der Sepp freute sich auch seiner Gehilfin, zumal er Gelegenheit hatte, etwas von der Bahn zu vernehmen, die Tag und Nacht seine Fantasie erfüllte. 

Auf dem Baubüro, das provisorisch im Hause von Dr. Meier eingerichtet war, bis sich dann später in der ehemals Elmigerschen Sennerei die nötigen Räume fand, entfaltete sich eine rege Tätigkeit. Das Personal stellte sich aus einer recht internationalen Gesellschaft zusammen. Darunter auch ganz neugebackene Schulmeister, direkt aus dem Seminar kommend. Die Leute im Dorfe gewöhnten sich allmählich an den fremden Zuwachs und die Veränderungen, welche die Bahn der Gegend brachte. Dass sich auch Vorteile einstellten, dafür fanden die Wirte das beste Verständnis.

 

Auch wir durften uns mit der Zeit freundlichen Entgegenkommens rühmen, aus dem später eine grosse Anhänglichkeit für unsern Wohnort herauswuchs. Manche lustige Episode liesse sich erzählen, die bezeichnend ist, wie unser Tun beobachtet wurde und wie man immer etwas besonders Fremdes an uns witterte. Da war eine Tante, die zu uns gehörte, nicht gerade eine alte. Diese war den Leuten auch ein Rätsel. Dass sie die Gewohnheit hatte, im Hause grosse, weisse Hauben zu tragen, erhöhte das Extreme an ihrer Person. Die Leute erzählten sich von einer Hexe, die bei uns an die Tür komme; die müsse noch von Amerika sein, denn so sehe sie aus. Aber später gewöhnten sie sich auch an die Hexe; denn sie war eine gute, liebe Hexe, diese Tante, besorgt um Arme und Leidende und uns Kindern eine Zuflucht für so manche kleine Sorge.

 

Weihnachten nahte. Mir wurde diesmal das Fest zu einem besonderen Erlebnis. Ich schlüpfte aus den Kinderschuhen heraus und in das erste lange Kleid hinein. Mutter vertraute mir von den lieben Geheimnissen für das Fest an, die sich um viele schöne Dinge drehten. Draussen im glitzernden Tannenwalde holte ich mit Sepps Hilfe den Weihnachtsbaum. Schon im Sommer hatte ich ihn ausgewählt. Keiner tadelte den Frevel. Es war auch nur der eine Baum, der dem Feste geopfert wurde; dazumal kannte man den Lichterbaum noch nicht auf dem Dorfe. Unsere Weihnachtskerzen schmückten später noch manchen Baum.

 

Es war der Frühling 1882, da mit dem Bahnbau begonnen wurde. Die Bauunternehmung war in Händen einer englischen Firma, deren Interessen Ingenieur Müller von Frankfurt a. Main vertrat. Sein Büro war im Gasthof zum Hirschen installiert. Baumeister Theodor Bertschinger von Lenzburg war mit der Ausführung der Arbeiten betraut, sogenannter Sub-Unternehmer. Zuerst wurde die Strecke Emmenbrücke-Hochdorf in Angriff genommen.

 

Eine Zeit, reich an Abwechslung, folgte, zu deren Vaters wiederholte England-Reisen auch gehörten. Da er meist telegrafisch dorthin gerufen wurde, gab es allemal eine Aufregung ins Haus wegen dieser plötzlichen Abreise. Da nun Vater an die praktische Ausführung seiner Pläne gehen konnte, war er so recht in seinem Element. Er überwachte mit strenger Gewissenhaftigkeit den Bahnbau und setzte seine ganze Ehre für die solide Ausführung ein. Wir hatten oftmals Gelegenheit, Gesprächen beizuwohnen, die sich ums Geschäft drehten, wenn mitunter ein Ingenieur bei uns zu Gast war. Da hörte man von der und jener schwierigen Stelle, die Kopfzerbrechen machte; so viele Rücksichten ergaben sich bei dieser normalspurigen Strassenbahn. 

Wie bei den Projektierungsarbeiten, stellten sich auch während des Baues vonseiten der Bauern Widerstände entgegen. Musste irgendein alter Speicher oder eine Scheune zum Opfer fallen, gab es meistens unliebsame Streitigkeiten: Die Geduld für gute Worte durfte Vater nie ausgehen. Er zog eine gütliche Einigung Zwangsmassregeln immer vor. Alles was Vater erlebte und ihn beschäftigte, ging auf seine Familie über. Auf der Bahnstrecke war uns Weg und Steg vertraut. Denn nicht selten machte es ihm ein Vergnügen, von uns das eine oder andere auf seinen Gängen und Fahrten mitzunehmen. Und wenn ich, als seine Älteste, jeweilen den Vorzug hatte, ihn nach Luzern begleiten zu dürfen, dann war meine Freude auf dem Höhepunkt. Die derben Ackergäule, die Vaters Dienstkutsche zogen, hatten das Verdienst, dass ich so recht auf meine Rechnung kam, solche Fahrten auszukosten. Ingenieur Müller, der mit seiner Familie in Luzern wohnte und in seinen Ansprüchen weniger bescheiden war wie Vater, hatte ein elegantes Fuhrwerk mit zwei feurigen Pferden zur Verfügung. Der sehr zu Spott neigende Herr machte gerne seine Witze über unser ländliches Fuhrwerk mit seinen braven Gäulen: "Na, da kommt gut heim mit Eure Küh", pflegte er zu sagen. Gerade wegen seiner spöttischen Art war er nicht beliebt auf dem Lande.

Eine meiner schönsten Erinnerungen aus der Bauzeit ist eine Probefahrt auf der Strecke Emmenbrücke-Waldibrücke. Die erste Lokomotive, die "Hochdorf" nach dem Typ der Üetlibergbahn-Lokomotiven gebaut, war angelangt. Vater übernahm dieselbe persönlich aus der Maschinenfabrik Kraus & Cie. in München, wo er ihr auch den Namen gab. Diese erste Ausfahrt der Hochdorf gestaltete sich zu einem recht fröhlichen, kleinen Festchen an einem herrlichen Sommertage. Ein offener Materialwagen, mit Gartenbänken ausgestattet, nahm die Gäste auf, die sich auf eine kleine Zahl beschränkten; es waren die am Bau beteiligten Herren mit ihren Damen und der Herr Redaktor des Luzerner Tagblattes, dessen funkelnde Brillengläser mir gewaltigen Respekt einflössten. Oben auf dem Tender neben dem Führer stand Vater mit freudenstrahlendem Gesicht. Alles war Leben an ihm. Noch höre ich es im Ohre klingen, wie er zum Führer, der wahrscheinlich etwas ängstlich bei dieser ersten Fahrt war, animierend sagte: "Laufen lassen, laufen lassen!" Die Hochdorf machte ihre Sache gut. Allerdings später ging ihr öfters der Atem aus: wenn sie über ihre Kräfte angespannt wurde. Davon wissen heute noch alte Führer zu erzählen. Dennoch blieb dieser Erstgeborenen der Vorzug; Vater liebte seine Hochdorf wie keine andere. Heute noch lebt sie neben anderen Andenken im Bilde fort. Die zweite Lokomotive, die später folgte, etwas kräftiger gebaut, war die "Heidegg". Der Schlossherr freute sich mächtig ob dieser Ehrung. Er versäumte es nicht, den Führer, der die Heidegg bediente, mit einem guten Trunke zu belohnen.

 

 

 

 

Von den würdigen Häuptern der Regierungen sind mir besonders in Erinnerung geblieben die Herren Schultheiss Schobinger von Luzern und Regierungsrat Käppeli von Aarau. Ihre schönen und schwungvollen Reden machten mir grossen Eindruck, denn sie gedachten ehrend der Verdienste meines Vaters und aller derjenigen Männer, die das Unternehmen fördern halfen. Während eines kurzen Aufenthaltes in Hochdorf sprach Dr. Meier von Begeisterung durchglühte Worte, die unter der anwesenden Menge grossen Jubel auslösten. Eine echte Freude brachte dieser Tag zum Ausdruck, wie wir sie heute bei solchen Anlässen nicht mehr finden, da Bahneröffnungen beinahe zu den Alltagserscheinungen gehören und ihnen auch nicht mehr so schwere Kämpfe vorausgehen. Das Festbankett in Emmenbrücke war gewürzt von ernsten und humorvollen Reden. Die Musikgesellschaft von Hochdorf erhöhte die Tafelfreuden durch ihre frohen Weisen. Das, nach der heutigen Zeit gemessen, in einfachem, schlichtem Rahmen gehaltene Fest fand seinen Abschluss durch eine gemütliche Vereinigung im Hirschen in Hochdorf, wo jung und alt sich noch in einem fröhlichen Tänzchen drehte. 

 

lm gleichen Jahre der Bahneröffnung konnte sich mein Vater noch eines Erfolges freuen, der für ihn um so wertvoller war, da zur Zeit seine Idee einer normalspurigen Strassenbahn so hartnäckig bekämpft wurde. Die Pläne dieser Bahn, mit denen er die Schweizische Landesausstellung in Zürich beschickte, traten mit einer ersten Auszeichnung hervor. Das war unerwartete Genugtuung; über Nacht wurde Vater zum berühmten Mann. Aus allen Teilen der Schweiz, wo eine Bahn gebaut werden sollte, liefen Anfragen ein. Er hatte auch verschiedenen Projekten den Weg angebahnt, die aber erst später ausgeführt wurden. Die Lorbeeren überliess er dann anderen, denen es leichter gemacht wurde als ihm.

 

 

 

Das Seetal hatte nun seine Bahn; aber noch nicht waren die Wünsche aller erfüllt. Reinach wollte nicht in der Ecke sitzen bleiben; man rief dort nach Anschluss in Beinwil. Am 23. Januar 1887 konnten dann auch die Reinacher losdampfen. Lenzburg—Wildegg folgte am 1. Oktober 1895 mit der Eröffnung nach, und so war das schöne Seetal den grossen Verkehrslinien angegliedert. Später wurde dann auch noch Reinach—Münster gebaut und am 1. Oktober 1906 dem Betriebe übergeben.

 

 

 

Die Einfahrt der Seetalbahn in den Bahnhof Luzern blieb eine Frage der Zeit, denn bei den damaligen Zuständen im alten Bahnhof war es undenkbar, die Bewilligung der Führung der Züge bis Luzern zu erreichen. Es fehlte nicht an Anstrengungen von seitens meines Vaters, aber es musste ihm genügen, die Hoffnung nicht aufzugeben, dass sich dieser sein Herzenswunsch doch noch erfüllen werde. Und er hat sich erfüllt, sein Wunsch, aber für ihn zu spät. Leider durfte er die grosse Freude nicht mehr erleben, als am 1. Oktober 1904 die Personenzüge stolz in die Halle des neuen Bahnhofes in Luzern einfuhren.

 

Das seit Jahren stolze Hochdorf entwickelte sich nun durch die Bahn zur eigentlichen Metropole des Seetals. Was Wunder, wenn andere, auch grössere Orte im Aargau sich zurückgesetzt fühlten, da sie mit eifersüchtigen Augen zusehen mussten, wie von dort, im Luzernischen alles dirigiert wurde. Direktion, Reparaturwerkstatte etc. konzentrierten sich auf jenen Platz und brachten dem Dorfe ein ungeahnten Aufschwung. Warum es so kam, ergab sich aus dem Umstand, dass Dr. Meier den Gründer und Leiter des Baues der Bahn nach Hochdorf brachte, und dies gab dann von selbst dem Orte seine Bestimmung. Allerdings übte Vaters grosse Sympathie für unsern Wohnnort, der uns allen so lieb geworden, seinen geringen Einfluss aus. Bei jeder Gelegenheit stand er für des Dorfes lnteressen ein. Nach Jahren, als unsere Familie im Ausland lebte, blieb die Erinnerung an jene schönen, sonnigen Tage im Seetal lebendig. Für mich waren es Tage holder Mädchenträume, voll Frühlingssonnenschein, wie sie nur einmal im Leben dem Menschen beschieden sind. Als Vater dann einmal später nach Seon kam, wie glücklich war er, seine geliebte Bahn zu sehen, die ihm so viel Sorge, so viel Freude bereitet hat. Bald nach diesem Wiedersehen ist er heimgegangen, der tatenreiche Mann, um auszuruhen in heimatlicher Erde, zugedeckt von einem von Efeu und Moos umsponnenen Granitstein. 

 

Jene Hoffnungen, die sich bei der Gründung auf dieses Werk bauten, sind erfüllt. Schwer war der Weg, aber das Ziel wurde erreicht. Und wenn heute oft gerügt wird, unsere Strassen im Seetal erleiden Einbusse durch die Bahn, so kann dies nur ein Vergessen jener Zeit sein, da Mittel und Wege ungeheuer schwer zu finden waren für derartige Unternehmungen. In der Zeit, da überall im Lande grosse Kohlennot herrschte, konnte diese Not unserer Bahn nichts anhaben, dank der weisen Vorsehung ihrer Direktion, die zur rechten Zeit an die Elektrifizierung der Bahn gegangen ist. Schon im Jahre 1910 war der ganze Betrieb elektrisch durchführbar, der sich heute ohne Störung mit Bewältigung grosser Güterzüge flott abwickelt.

 

 

Elegante, bequeme Wagen führen den Reisenden durch ein liebliches Landschaftsbild. Und wer sich die Mühe nimmt, seine Reise an der oder jener Station zu unterbrechen, wird für eine Wanderung reichlichen Lohn an mannigfaltigen Naturschönheiten finden. 

 

Am 3. September 1883 konnte der Betrieb der Strecke Emmenbrücke—Beinwi| eröffnet werden. Die Stationsgebäude waren noch nicht vollendet, daher wurden die Billette in den Wagen ausgegeben. Das amtende Personal konnte manch lustiges Intermezzo aus dieser Zeit verzeichnen, und den Reisenden fehlte es nicht an Unterhaltung. Da war in Hochdorf eine alte Botin und Lumpensammlerin, das Hansli-Beetli, die jeweilen einmal in der Woche mit einem Wägeli nach der Stadt ging. Das Hansli-Beetli konnte sich nie mit der verlangten Fahrtaxe abfinden. Für zwei Batzen wollte es mitfahren, mehr gebe es nicht, da laufe es lieber, disputierte es. Einmal führte das Beetli die Drohung aus, um aber alsdann doch zur Erkenntnis zu kommen, dass es besser in der Bahn zu sitzen ist, als auf alten Beinen einige Stunden Weges zu gehen. Andere wieder, wenn der Kondukteur sie nach dem Ziel ihrer Reise fragte, gaben zur Antwort: He, wo d’Bahn dore goht!»

 

Die Stadtluzerner zog das Seetal ganz besonders an, da es nun so bequem zu erreichen war. Vereinsausflüge waren an der Tagesordnung, mit Vorliebe, als der Most und der Hitzkircher Sauser reif waren. Da konnte der Lok Hochdorf wohl der Atem ausgehen, wenn sie für die Heimfahrt angespannt wurde. Um den Ausflüglern die Fahrt durch das schöne Tal genussreicher zu machen, richtete man offene Güterwagen als Aussichtswagen ein, die sich aber des Strassenstaubes wegen nicht bewährten; denn Spritzenwagen wurden damals noch keine mitgeführt. Schade, es war herrlich, mit diesen Wagen durch die liebliche Landschaft zu fahren.

 

 

Endlich, am 15. Oktober 1883, erfolgte die offizielle Eröffnung der ganzen Linie Emmenbrücke nach Lenzburg. Unser Tal prangte im herbstlichen Schmuck für den Festtag, auf den sich schon lange die ganze Bevölkerung freute. Von nah und fern strömten sie herbei, denn auserlesenes, mildes Oktoberwetter mit seinem goldenen Herbstglanz leuchtete über unserm festfrohen Tal. Und all die Orte wetteiferten in ihrem festlichen Schmuck. Gewinde von Kränzen und Blumen leuchteten dem Festzug entgegen, dessen Lokomotive auch angetan war mit buntem Festgewand. Fahnen und Wimpel entboten ihren fröhlichen Gruss, und überall harrte eine jubelnde Menge. Beinwil zeichnete sich aus durch seine lieblichen Ehrendamen, die den Wein in glänzenden Pokalen kredenzten.

 

 

 

Quelle: Seetaler Bote, 21. April 1978